Aktuelles 23/2

24. Jul. 2023 | Allgemein

Liebe Frau Kollegin, lieber Herr Kollege!

Vielleicht haben Sie aus den Medien, aus der Österreichischen Ärztezeitung oder aus anderen Quellen erfahren, dass ich mich Anfang Mai einer Akut-Herz-OP (Mitral- und Trikuspidalklappe) unterziehen musste. Seither vertritt mich Dr. Harald Schlögel, der Präsident der Ärztekammer für Niederösterreich, als Präsident der Österreichischen Ärztekammer, wofür ich mich bei ihm sehr herzlich bedanke.

Ich darf mich hier mit einem „Lebenszeichen“ an Sie wenden und informiere Sie sehr gerne darüber, dass ich mich inzwischen nach dieser sehr aufwändigen OP und der anschließenden Rehabilitation zügig auf dem Weg der Besserung befinde. Die mich sehr stark beeinträchtigenden Symptome meiner Herzinsuffizienz sind inzwischen abgeklungen, meine frühere Energie kehrt allmählich zurück, und ich bedanke mich sehr herzlich bei Univ.-Prof. Dr. Günther Laufer und seinem exzellenten Team im AKH Wien für die hervorragende Arbeit. Ich bin einmal mehr von der Leistungsfähigkeit der modernen Medizin höchst beeindruckt, diesmal aus der unmittelbaren persönlichen Anschauung eines Patienten.

Vor diesem Hintergrund gehe ich aus heutiger Sicht davon aus, Anfang September wieder in mein Amt als Österreichischer Ärztekammerpräsident zurückkehren zu können.

Aber ich bin schon jetzt nicht inaktiv, ich pflege politische Kontakte und führe viele Telefonate, um die Anliegen der Ärzt:innenschaft zu unterstützen.

Breite politische Front gegen die Ärzt:innen

Die österreichische Ärzt:innenschaft befindet sich leider gegenwärtig in einer politisch ausgesprochen herausfordernden Situation, die unsere konsequente, gut abgestimmte und einmütige standespolitische Reaktion erfordert. Einer ungewohnt breiten Front von Gesundheitspolitiker:innen, die sich vom Gesundheitsminister über Landeshauptleute, Stadt- und Landesrät:innen bis hin zu Funktionär:innen der Sozialversicherungen erstreckt, verfolgt gegenwärtig ein zentrales politisches Ziel: Ärzt:innen möglichst zu kontrollieren, unseren Beruf zu reglementieren, die ärztlichen Kompetenzen zu beschneiden und den Einfluss der Ärztekammer zurückzudrängen. Dass dies zum Teil im Rahmen des derzeit laufenden Finanzausgleichs zwischen Bund und Ländern passiert, macht die Situation besonders prekär.

Einige Beispiele von vielen:

1. Künftig soll Wahlärzt:innen e-Card und ELGA samt der Verpflichtung zur Diagnosekodierung verpflichtend vorgeschrieben werden – ein deutliches Plus an Bürokratie.
2. Für Spitalsärzt:innen sollen künftig Restriktionen gelten, die es ihnen erschweren, auch als Wahlärzt:innen zu arbeiten – eine sinnlose Schikane, ganz besonders in Zeiten eines nun endlich auch von vielen Politiker:innen eingestandenen Ärzt:innenmangels.
3. Arztpraxen sollen künftig von 9h bis 19h geöffnet sein – eine Breitseite gegen niedergelassene Kolleg:innen.
4. Im niedergelassenen ärztlichen Bereich soll es neue Angebote geben, wobei Stadt- oder Landesrät:innen darüber entscheiden, ob Ärzt:innen in einem der Wirtschaftskammer zuzählenden Institut arbeiten, oder in einer Arztpraxis – eine klare Konzession an die Wirtschaftskammer und an kommerzielle Interessen. Damit werden aber auch der Stellenplan und die Mitwirkung der Ärztekammer sukzessive aufgelöst, der Gesamtvertrag wird eingeschränkt und eine wachsende Gruppe von Ärzt:innen wird nicht mehr unter seinem bisherigen Schutz stehen.
5. Auf Kosten von uns Ärzt:innen soll die Rolle nichtärztlicher Gesundheitsberufe gestärkt werden – eine Kompetenzbeschneidung und Kompetenzverlagerung, die sicherlich nicht im Interesse der Patient:innen und einer hohen Betreuungsqualität ist.

Politischen Zumutungen geschlossen und engagiert entgegen treten

Es geht also aktuell darum, diesen und zahlreichen weiteren politischen Zumutungen an die Ärzt:innenschaft geschlossen und engagiert entgegen zu treten. Ich bedanke mich bei allen Kolleg:innen in den Landesärztekammern und in der Österreichischen Ärztekammer, die sich mit großem Einsatz für unsere Ziele einsetzen. Und ich bedaure sehr, dass ich sie in den vergangenen Monaten aus gesundheitlichen Gründen nicht in dem Ausmaß unterstützen konnte, mit dem ich mich gerne für unsere Anliegen eingesetzt hätte und in den vergangenen Jahrzehnten auch eingesetzt habe. Ich hoffe sehr, dass mir dieses Engagement ab Anfang September wieder möglich sein wird.

Ich bitte Sie um Ihre Unterstützung beim Erreichen unserer gemeinsamen standespolitischen Ziele.

Mit herzlichen kollegialen Grüßen,
Dr. Johannes Steinhart
Obmann der Vereinigung Österreichischer Ärztinnen und Ärzte